Aufstieg zur Hütte | © Hans-Hagen Hempel

Allgäuer Ansichtskarten

21.08.2023

12 kleine Alpinisten            

die sich ins Gebirg’ verpissten,

standen plötzlich ganz allein

vor‘nem riesengroßen Stein.

Um Gedränge zu vermeiden

stiegen auf verschied’nen Steigen

viele Seilschaften nach oben,

um am Gipfelkreuz zu proben

ob der Himmel hier noch blau.

Doch dann wurde ihnen flau.

Und das Bier, das kleine Lütte

zog sie tief hinab zur Hütte.

Zünftige Berggrüße von der Hermann von Barth Hütte am Rande der Allgäuer Alpen über dem Lechtal in Österreich senden allen Lesern ein „Dutzend wilder Gesellen vom Sturmwind umweht“ (Jens und Karina + Jörg und Sassi + Jens und Katrin + Stefan und Beate + Uwe + Tobi + Ralf + Hans-Hagen). Auf 2.131 Hüttenmetern angekommen, packten wir Seil nebst Gurt und lockerten an einigen Routen im Klettergarten oberhalb der Hütte Arme und Beine und Hals und Nacken.

Die folgenden Tage verstreuten uns über die Hornbachkette und wir sammelten unter blitzblauem Himmel in mehreren Seilschaften etliche Gipfel mit Kletterwegen in den Schwierigkeitsgraden von 4- bis 7- (Wolfebnerspitze 2.427m, Plattenwand- und Hanswurstgipfel, Wolfebnerschulter). Mit Buri und Catrin tanzte ich durch die Mauern, Verschneidungen und Überhänge der Südwestwand „Kauschkaführe oU.“ mit direkten Ausstieg über die Südwestkante in 8 Seillängen auf die Wolfebnerspitze, bis die Klettersohlen qualmten. Die kühlten wir beim Abklettern vom Gipfel auf einem steilen Schneefeld, dass es nur so zischte, wodurch sich tiefe Spuren in den Schnee brannten, was uns vor dem fast sicheren Absturz in grausige Tiefe bewahrte. Am zweiten Tag schulterte ich zusammen mit Buri die Ostwand der Wolfebnerschulter. Wir verkuppelten „Erwin“ und „Mina“ miteinander, indem wir unten „Minas“ Eisfüße mieden, im Mittelteil „Erwins“ Inkontinenz auswichen, sowie „Minas“ Schönheit huldigten und oben „Erwins“ Direktheit vorzogen. Diese Tour kletterte am Tag zuvor schon Jens mit Karina. Im Abstieg sahen wir noch Jörg und Sassi an der spektakulären Abschlusskante der Geraden Südwand „Baderführe“ am Plattenwandgipfel. Uwe, Tobi und Ralf erkämpften sich über einen völlig verfallenen Klettersteig den Zustieg zu ihrer Route „Volve 99“ auf den legendären Hanswurstgipfel. Beim Abseilen schwebten alle Drei über einen schaurig luftigen Überhang ins tiefe Schotterkar. Gegen Mittag kam eine kleine Husche mit dunklen Wolken vorbei, die lediglich etwas schwitzten und vom Sturmwind verweht wieder weg huschte. Erst am Abend zeigten sich die wirklich dicken Brummer, welche Donar frönten und gewitterlich blitzten, donnerten und sich rauschend entleerten. Aber da hatten wir längst mit Plattenwand- und Hanswurstgipfel sowie Wolfebnerschulter und -spitze alle Zacken in der Krone und sangen zusammen mit dem Wirt und seinem Zerrwanst „Wilde Gesellen vom Sturmwind umweht“. Als Dank für die sangeslustige Meute erweiterte dieser den Speise- zum Kinosaal und zeigte stolz die Wirtin und sich als Hauptdarsteller eines “Berg auf, Berg ab“ - Kurzfilm - Blockbusters bei der Besteigung des Hausberges der Hütte.

Nach dem Montagsabtrieb zur Lechtaler Elbigeralp pressten die ewigen Enthusiasten noch die majestätische Parkplatzzacke ins Fahrtenbuch und trollten sich zurück ins Bratwurstländle.

 

Hans-Hagen Hempel